Dienstag, 10. September 2013

Sommertörn durch die Ostsee


Die LEEFKE mit ihrem neuen Großsegel.
„Ich schwöre, wenn dieser Sommer genauso Bescheiden wird wie die letzten beiden, dann reichts mir, dann kommt das Boot weg und Feierabend!“ das waren meine Worte zum Anfang der Saison 2013. Der Pfingsttörn nach Spiekeroog war ja wettertechnisch schon eher grenzwertig. Jetzt steht schon der Sommertörn an. Die Zeit rennt! Dieses Jahr solls mal wieder die Ostsee sein. Weil ich mich so allein auf dem Weg nach Spiekeroog und zurück so entspannt habe, mache ich mich auch die erste Woche alleine mit der „LEEFKE“ auf den Weg.


Erste Etappe Bremerhaven. Ich laufe den „Neuen Hafen“ an. Alle Schleusen- und Anlegemanöver verlaufen aber sowas von wie geschmiert, herrlich. Am Abend kommt Sven-Arno noch zu Besuch an Bord. Wir essen frischen Salat und leckeren Weißwein vom Jaques Weindepot aus der Heimat. Es ist bombig warm und wir sitzen beim Sonnenuntergang lange im Cockpit bevor Sven-Arno sich auf den Heimweg macht.

Bremerhaven – Cuxhaven
Es ist total schwül-warm und leicht bedeckt heute Morgen. Das Wetter soll am Nachmittag dramatisch umschlagen. Gewitter sind angesagt für die deutsche Bucht und besonders den Elbe-Weser-Raum. Ich hatte überlegt noch einen Tag Helgoland anzulaufen, bei der Wettervorhersage aber, bin ich schon froh überhaupt in die Elbe zu kommen. Normalerweise würde ich unter diesen Voraussetzungen gar nicht auslaufen, ich hab mir aber für diese eine Woche im Alleingang fest vorgenommen mich nicht vom Wetter beeindrucken zu lassen. Scheiß drauf also, los geht’s.
Raus aus der Schleuse, rechtsrum Richtung Nordsee. Vom Containerterminal höre ich wieder dieses geschwindigkeitsabhängige ganz, ganz leise flattern am Rumpf..... MIST. Ich hab da schon so einen Verdacht! Es hift nichts, her mit der Badehose, Flossen, Maske, Lloydgurt, Messer groß und Sicherungsleine! Nur mal eben ganz schnell im Strom den Gang raus genommen, Sicherungsleine belegt und schwuppdiwupp mitten in der Weser alleine unters Schiff getaucht. Mein Verdacht war wieder richtig: die Saildrive-Rumpfmanschette hat sich vorne gelöst. Stinksauer schneide ich den verbleibenden Rest unter Wasser ganz vorsichtig vom Rumpf ab. Schnell wieder an Bord geklettert und weiter geht’s die Weser raus. Diese Manschette bringt mich noch zur Verzweiflung!!!
Die Konkurenz schläft nicht. Im Gegenteil. Hat aber genauso
mit dem schlechten Wetter zu kämpfen wie ich!
Vorm Fedderwarder Fahrwasser werde ich von einem echt schnellen Polizeischlaucher aufgebracht. „Falsche Fahrwasserseite!“sagt der Schutzmann! Dass die Buhnen- und Fahrwassertonnen hier sehr dicht beieinander liegen und im Strom tanzen nimmt er dann doch mildernd zur Kenntnis. Bleibt nur noch die fehlende Frequenzzuteilungsurkunde fürs uralte Funkgerät. „Wird ein scheiß Tag heute“, denk ich mir, als ich „kleine Brötchen“ beim Schutzmann backen muss! Nach einem Gefahrenhinweis bezüglich des Wetters verschwinden die Herren in blau mit ihrem Schlauchboot Richtung Bremerhaven.
Höhe Leuchtturm „Alte Weser“ kippt das Wetter dann. Wind kommt auf und aus Westen zieht es schnell dunkel zu! Schnell Ölzeug an, Dose Bockwürstchen in den Heckkorb und Steckschotten rein. In das neue Großsegel muss ein Reff eingebunden werden. Dann geht’s ab! Stetig verschlechtert sich die Lage. Plötzliche Windrichtungswechsel, Boenkragen, Platzregen und Gewitter mit amtlichen Blitzen wechseln sich spontan ab. Einzig die Wellenhöhe bleibt bei auflaufenden Wasser moderat. Ein paar größere Yachten überholen mich kurz vor Cuxhaven. Etwas, was ich mir nicht so ohne weiteres gefallen lassen kann! Wieder mal das Großsegel ausreffen und dann kann ich die Geschwindigkeit mit den Großen halbwegs mithalten.

Schleuse Brunsbüttel kurz vom Unwetter!
Vor Cuxhaven überlege ich hier für heute Schluss zu machen oder doch noch bis Brunsbüttel durch zu ziehen.......... Ach watt solls, ich fahre weiter zum Kanal. Die Schleusenkammer öffnet sich relativ schnell für uns Sportboote. Bloß schnell einlaufen, das nächste Gewitter läuft schon über Cuxhaven zu uns herüber! Als alle Sportboote fest sind und sich das Tor schließt, geht die Welt unter! Blitzgewitter vom feinsten. Hagelkörner knattern auf die „LEEFKE“, so groß wie Kieselsteine. Ein richtig amtliches Unwetter. Das ganze Boot ist übersät von von Eiskörnern. 

Hagelniederschlag im Cockpit der LEEFKE.

Es ist arschglatt an Deck. Der Schleusenmeister macht im Unwetter laute Durchsagen, dass die Sportboote doch bitte auslaufen sollen. Dies wird jedoch von allen Besatzungen gemeinschaftlich ignoriert! Nach einer halben Stunde wird es etwas weniger. Das Tor zum Kanal steht schon lange auf. Ich schiebe das Eis aus dem Cockpit und vom Laufdeck bevor ich als erster ablege. Im strömenden Regen lege ich in Brunsbüttel als zweites Schiff im Päckchen längseits an. Bei einem solchen Wetter, und nach so einem langen Tag allein auf See jetzt bloß nicht die Ruhe verlieren. Aber auch das letzte Manöver des Tages verläuft mängelfrei.

Eis frei Haus für den abendlichen Whisky!
 Jede Menge Augen hinter beschlagenen Scheiben beobachten mich dabei aber keiner traut sich bei dem Wetter raus. Danke nochmal! Ganz Brunsbüttel ist bei dem Unwetter abgesoffen. Die Hauptstraße steht knietief unter Wasser, Feuerwehr überall. Heftig. Egal, jetzt ist Feierabend für heute. Jetzt schnell den Whisky auf die Hagelkörner gießen, die ich eben im Becher eingesammelt habe und dann............ verdiente Gute Nacht!